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Narzissmus
Der »primäre Narzissmus« ist ein alles umfassender Selbstbezug, Indifferenz von Subjekt und Objekt, Selbstinflation. Der »sekundäre Narzissmus« ist ein sich über den Anderen vermittelnder Selbstbezug, über seine Assimilation, Unterwerfung, Substitution, Auslöschung. Die Erfüllung des Narzissmus ist die Dingwerdung des Anderen; dies ist der Übergang des Narzissmus in den Todestrieb. Das Narzissmuskonzept thematisiert die Gewaltförmigkeit der Selbstgründung und die Spur der Dingproduktion, die sich letztlich in Waffen und Krieg vollendet. Das "Selbstbewußtsein ist selber der Todestrieb." (KAU 2, 79)
Der Narzissmus (Selbsthervorbringung, »causa sui«) ist die Steigerung des Ödipuskomplexes (Ersetzung der Eltern durch sich selbst, um so zum eigenen Ursprung zu werden). Der Ödipuskomplex ist die generationssexuelle Indifferenzierung, der Narzissmus die Indifferenzierung des Selbst als seine alles umfassende Totalisierung. Narzissmus ist das Gefühl des Einssein mit allem, der Wunsch, alle Getrenntheit überwunden zu haben, die Beseitigung aller Heterogenität, die Leidenschaft der Absolutheit.
Aus all dem folgt, dass es keine »reifen« Formen des Narzissmus (Weisheit, Humor, etc.) geben kann, wie Heinz Kohut glaubt. Der sogenannte »reife« Narzissmus bezieht sich zwar auf den Anderen, doch er ist die Eskamotierung des Gewaltverhältnisses zum Anderen, der Anderenbezug bleibt Anderennichtung.
Vielmehr geht es darum, den Narzissmus zu brechen:
"Brechung – das hieße, das narzißtische/todestriebliche Dingextrem auszustoßen und den Ausstoß nicht als womöglich endgültige Selbstbereinigung zu mißbrauchen, vielmehr den nicht nur restlichen, den ganzen »Schmutz« dagegen, die ganze Unmöglichkeit, den sterblichen Körper in den Dingen, diesen extremen Narzißmus-, ja Todestriebdokumenten, nicht quittieren zu können, anzuerkennen." (PGS III, 292)
Offener Brief an Herrn Prof. Dr. med. Horst Flegel zu »Philosophie und Therapeutische Gemeinschaft«; in: Pathognostische Studien III, 292
Zynismus-Diskussion; in: Kaum. Halbjahresschrift für Pathognostik 2, 79
Notizen:
Zusammenhang von Narzissmus und Homosexualität.
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Anschlüsse
Julia Kristeva, Geschichten von der Liebe, 48:
"Der Narzißmus und sein Unterfutter, die Leere, stellen im großen und ganzen unsere intimsten, unbeständigsten und archaischsten Ausbildungen des Todestriebs dar."
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