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die Sphinx bei Hofmannsthal
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Hugo von Hofmannsthal: Ödipus und die Sphinx (1905):
Ödipus zu Kreon (der ihn töten will):
"Vor seiner Höhle
auf stand das Weib und neigte sich zur Erde vor mir, und als ich nahe kam, so trat es demütig hinter sich und bog sich nieder bis an die Erde, als wär ich der Gast, auf den sie hundert Jahre wartete.
Und dann nach rückwärts taumelnd, ohne Laut, da hob es sein Gesicht und sah mich an, da sah ich das Gesicht, da traten mir die Augen aus den Höhlen, von den Knochen, wie Zunder fühlte ich mein Fleisch sich lösen
vor Graun und Angst: mein Herz schlug wie im Tod, die ganze Brust schlug mir, da gab es von den fahlen gräßlichen Lippen seinen Gruß in meine schlagende Brust hinein: »Da bist du ja«, das Wort legt' es in mich hinein, »auf den ich gewartet habe, heil dir, Ödipus! Heil, der die tiefen Träume träumt« - und da zerschnitten meine Brust, wirft sichs nach rückwärts, den Blick auf mir, den schon verendenden, mit einer grauenhaften Zärtlichkeit durchtränkten, rücklings in den Abgrund, den das Aug nicht mißt, den steinernen, und schreit im Todessturz den namenlosesten, furchtbarsten Schrei, in dem sich ein Triumph mit einem Todeskampf vermählt, und stürzt vor meinem Fuß hinab und schlägt tief unten dumpf auf..."
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